Mathematische Begriffe Teil III: Notwendig, hinreichend, trivial

Mathematiker benutzen nicht nur ihre eigenen Symbole und Buchstaben. Sie verwenden auch eigene mathematische Begriffe und Vokabeln.

Diese Vokabeln sehen deutsch aus. Doch ihre Bedeutung weicht entweder von dem umgangssprachlichen Verständnis ab oder sie sind in unserem deutschen Alltagswortschatz nicht enthalten.

Dieser Beitrag ist der dritte einer vierteiligen Serie. Wir betrachten

• Notwendig
• Hinreichend
• Notwendig und hinreichend
• Trivial

Dazu erhälst du eine Übersetzung oder Erklärung. Beispiele runden den dritten Teil unseres kleinen Sprachkurses schließlich ab.

Notwendig

In der Mathematik wird das Wort „notwendig“ im Zusammenhang mit Bedingung verwendet.

Für die Gültigkeit einer bestimmten Eigenschaft oder Aussage ist es notwendig, dass eine andere Eigenschaft oder Aussage wahr ist. wird daher eine notwendige Bedingung genannt.

Zunächst ein Beispiel aus dem Leben:

Die notwendige Bedingung ist der „gültige Bibliothekausweis“, also Eigenschaft . Aussage ist „Bücher ausleihen“. ist notwendig für . Um Bücher ausleihen zu können, muss der Bibliothekausweis gültig sein.

Das heißt: gilt nur dann, wenn wahr ist. Anders ausgedrückt: Wenn gilt, so muss wahr sein. In mathematischen Zeichen: .

Nun ein Beispiel aus der Mathematik:

Die verschwindende Ableitung ist die notwendige Bedingung für ein Extremum. Wenn ,differenzierbar, in ein Extremum hat, so muss die erste Ableitung an der Stelle von verschwinden. Anders geht es nicht!

Die notwendige Bedingung beschreibt eine einseitige Abhängigkeit – ist ohne nicht möglich!

Hinreichend

Deutlich schwächer als eine notwendige Bedingung, aber genauso nützlich, ist die hinreichende Bedingung.

Eine bestimmte Eigenschaft oder Aussage ist hinreichend, dafür dass eine andere Eigenschaft oder Aussage wahr ist. wird daher eine hinreichende Bedingung genannt.

An der Kurzschreibweise allein, , kannst du nicht erkennen, ob die Implikation nun eine notwendige Bedingung oder eine hinreichende Bedingung enthält. Dafür musst du die Aussagen inhaltlich betrachten.

Die nachfolgenden Beispiele sollen das verdeutlichen:

Anders geschrieben: Wenn (Zahl größer 2 ist Primzahl) wahr ist, dann gilt (Zahl ist ungerade).

Notwendig ist die Primzahleigenschaft offensichtlich nicht, da es auch ungerade Zahlen gibt, die keine Primzahlen sind. Das heißt, Aussage (Zahl ist ungerade) kann wahr sein für eine natürliche Zahl größer 2, ohne dass Aussage (Zahl ist Primzahl) wahr ist.

Dagegen ist Eigenschaft (ungerade zu sein) notwendig dafür, dass Eigenschaft (Primzahl sein) wahr ist. Wenn eine Zahl größer 2 eine Primzahl ist, dann muss sie ungerade sein.

Und noch ein Beispiel:

Hier ist Eigenschaft ( und ) hinreichend für Aussage ( hat ein Extremum).

Aussage ist jedoch nicht notwendig für , da es auch Funktionen mit einem Extremum gibt, bei dem die zweite Ableitung gleich null ist. Schaue dir dafür einfach an.

Wir merken uns: Die hinreichende Bedingung beschreibt einen nichtexklusiven Zusammenhang – ist auch ohne möglich!

Notwendig und hinreichend

In den vorherigen Abschnitten waren die Bedingungen in den Beispielen entweder notwendig oder hinreichend. Vielleicht fragst du dich schon, ob nicht auch beides gleichzeitig erfüllt sein kann.

Klar, geht das!

Nehmen wir noch einmal das Beispiel mit den ungeraden Zahlen. Wir brauchen jetzt einerseits eine hinreichende Bedingung , aus der wir Eigenschaft , eine Zahl ist ungerade, schließen können. Also: .

Dann muss die selbe Bedingung aber auch notwendig sein. Das heißt, wir benötigen eine Eigenschaft , die immer vorliegt, wenn wir es mit einer ungeraden Zahl zu tun haben. Also: .

Insgesamt erhalten wir dann: – eine notwendige und hinreichende
Bedingung , die offensichtlich äquivalent zu ist.

Konkret könnte das so aussehen:

Ist eine Bedingung notwendig und hinreichend, dann erzeugt sie eine Äquivalenzaussage. Die mögen Mathematiker besonders gern!

Trivial

Trivial bedeutet so viel wie „besonders offensichtlich und ohne Mehrwert“. Dabei haben insbesondere Studienanfänger mit „besonders offensichtlich“ ihre Schwierigkeiten. Denn zu Studienbeginn ist so gut wie gar nichts offensichtlich und damit schon gar nicht trivial.

Trotzdem gibt es reichlich Beispiele für triviale mathematische Aussagen. Hier eine kleine Auswahl:

Das war doch jetzt wirklich trivial, oder?

Ausblick

In Teil 4 wird es um die mathematischen Vokabeln kanonisch, i.A., pathologisch gehen.